Ludo und Gerda Govaerts

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Anfang 2004 war ich zu  Besuch beim praktischen Arzt mit einem Zittern im linken Arm sowie im linken Bein. Nach Einnahme von Vitamin B für zwei Monate hielt das Zittern an und Sand der Arzt mir ab sofort zum Neurologen Dr. Leenders. Wenn ich zuweilen feststelle, wie lange es wohl dauert, bis ein Patient weiterverwiesen wird und dann meine ich nicht nur ALS-Patienten.

Zu diesem Termin fragte der Arzt mir, ob ich weniger Körperkraft empfand. Beim Geben von Fußballtraining sowie beim Tennis fühlte ich schon seit einiger Zeit ein Verlust an Kraft sowie an Präzision. Ich dachte jedoch “ich bin 55 Jahre alt” und will den jungen Fohlen noch immer folgen, na und. Nach den Pricktests von Nervenbahnen fragte der Arzt mir auch noch eine Lumbalpunktion im Krankenhaus zu bestehen. Mitte Juni machten wir Urlaub und halb Juli sollte die Lumbalpunktion stattfinden. 

Dieser Tag, der 19.Juli, wird mir immer beibleiben, denn die Krankenschwester, die die üblichen Tests durchführte, fragte mich was ein  gesunder Kerl wie ich es war im Krankenhaus tat. Am Tage danach wusste ich es besser als Dr. Leenders, sehr beeindruckt, uns die Diagnose mitteilte. Er selbst wusste bereits bei der ersten Konsultation dass es in diesem Sinne enden sollte. 

Was wussten wir denn überhaupt von “ALS”? Tut mir leid, habe nie davon gehört! Für meine Ehefrau Gerda war der Ernst der Lage unklar. Wer glaubt denn eine derartige endgültige Diagnose?  Nach Kontaktnahme mit unseren praktischen Ärzten wurde ich darauf hingewiesen, dass ich ihr erster ALS-Patient war und wurde nach dem UZ Gasthuisberg verwiesen. Dort wurden  wir vom Neuromuskelteam unter der Leitung von Prof. Robberecht herzlich empfangen , unter dessen Obhut ich noch immer stehe. 

Unser Leben wurde komplett über den Haufen geworfen. Unsere Familie, sowie unsere Freunde, zu denen wir immer gute Kontakte unterhielten, versuchten wir auf dem Laufenden zu halten mittels den uns bekannten Informationen hinsichtlich ALS. Selbst habe ich Ende Juni eben erst meinen Vater bei einem Herzschlag verloren und dann erfolgte 20 Tage nachher dieses Ergebnis. 

2004 war wohl ein ganz besonderes Jahr!

Meine Ehefrau ist Inhaberin eines Friseursalons, ich selbst bin Jugendfußballtrainer, bei Thes und wir wunderten uns, wie wir das Ganze auf die Umgebung übertragen  sollten. Wir haben uns für Offenheit entschieden und bis heute brachte die Umgebung uns viel Unterstützung entgegen. Auch sie hat es nicht leicht, denn die Frage “wie geht es Dir” erfahren die Leute als schrecklich. Wenn man selber davon redet, werden viele Schränke durchbrochen. Beruflich war ich pensionierter Bergarbeiter und hatte die Aufgabe als Hausmann übernommen. Statt zu trainieren und Tennis zu spielen gucke ich mir das ganze ab und zu an mit dem Spazierstock und dem Rollwagen. Wie klein sie auch sind - meine Fußballerchen - sie sind sich dessen bewusst, dass etwas mit ihrem Trainer nicht stimmt und wissen nicht immer gleich wie Erwachsene wie sie mir entgegenkommen sollen. Aber wenn einer von ihnen “guten Tag Trainer Ludo” sagt, erfolgen die anderen automatisch mit jugendlichem Übermut. Das sorgt für ein gutes Gefühl. 

Von den anderen Jugendtrainern und Vorstandsmitgliedern werde ich immer noch begrübt als einer von ihnen und sie, ebenso wie alle meine Tennisfreunde,  erstatten mir des Öfteren einen Besuch ab. 

Die eindrucksvollste Änderung in meinem Leben war wohl, dass ich vom sportlichen, alles ordnenden Hausmann allmählich in einem Leben geriet, in dem ich alles, oder doch vieles, den anderen überlassen musste. Der Rat der Arzte, Genießen Sie vom Leben so viel wie nur möglich, was ich vorher tat, habe ich buchstäblich vorgenommen. Ein Wochenende Paris mit der U-Bahn ebenso wie die wärmeren Orte in Benidorm, regelmäßige Freundes- und Familien Ausflüge, lasse ich nicht links liegen. Versuche so viel  es geht ein normales Leben zu führen, wie es weiterlaufen wird weiß ich natürlich nicht aber sich verbergen ist bestimmt nicht die angewiesenste Lösung. Mit Wandelstock und Rollwagen ist nicht immer augenscheinlich und erfordert manchmal Willenskraft. 

Dank dem Bäcker Michel aus unserer Straße, der mich über meine Krankheit ansprach und nachdem er erfuhr dass es sich um ALS handelte, sagte er, dass im Laufe einer Versammlung des Rotary der Ligavorsitzende eine Rede abgehalten hatte. Er war von diesem Mann ganz schön beeindruckt, der sie mit seiner Geschichte aus der Fassung bracht. Ab sofort nahm er Kontakt zu ihm auf und so entdeckte ich die Liga. In dem Sinne habe ich, mittels Danny, die Liga mit allen ihren Erleichterungen kennengelernt. Inzwischen verwende ich einen Rollstuhl sowie einen Rollator der Liga und habe einige Gespräche mit Danny und seiner Ehefrau Mia angeknüpft. Der Mut dieser Leute hat mich ebenfalls angekurbelt, denn diese Gegenüberstellung machte mir wohl ein wenig Angst. 

Hoffentlich gibt es schnellstens eine Lösung hinsichtlich von “ALS”, aber inzwischen versuche ich mein privates Leben so gut wie es geht zu gestalten. Eine Krankenschwester aus einem wohlbekannten Rehabilitationszentrum in der Niederlande sagte mir : versuche  so viel wie nur möglich professionelle Hilfe zu suchen und behalte Familie und Freunde für die angenehme und lustige Sachen im Leben. In meinem Leben ist meine Ehefrau Gerda mir zum wichtigsten Faktor geworden und mit den mir zur Verfügung stehenden Mitteln versuche ich sie genau wie vorhin als mein Freundchen zu sehen. Vorher war ich Hausmann und nun ist sie Hausfrau, Krankenschwester und erfüllt darüber hinaus noch eine vollzeitliche Stelle als verantwortungstragende Friseurin. Eine weitere Einzelheit die ich loswerden möchte : die erforderliche Wartezeit damit eine Arznei gegen “ALS” erfolgreich auf Menschen erprobt wird dauert zu lange. Warum nicht viel schneller in menschliche Proben übergehen falls der Patient einwilligt. 

Was haben sie zu verlieren? 

Ludo und Gerda Govaerts

 

Übersetzung: Eric Kisbulck

Quelle: Newsletter 128 – April, Mai, Juni 2005

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