Logopädie

Kommunikation, Schluckstörungen und das Beherrschen der Sekrete sind die drei wichtigsten Probleme, mit denen ein ALS-Patient konfrontiert wird. Über jedes der drei Probleme werden wir im Folgenden informieren.

Kommunikation

Man kann auf verschiedene Weise kommunizieren. Sprache ist nur eine dieser Weisen. Wir benutzen auch unsere Mimik, wir weisen Dinge an und wir machen Gebärden. Wir schreiben Sachen auf und wir benutzen eine ganze Menge anderer Kommunikationsmittel – Mittel die jeden Tag mehr werden, dank des Fortschritts der Technologie.

Es ist die Aufgabe des Logopäden, die Möglichkeiten, die Ihre spezifischen Sprachprobleme betreffen, zu optimieren, um andere Weisen zu finden, auf die Sie ausdrucken können was Sie möchten, was Sie brauchen oder was Sie wünschen und um Ihre Emotionen zu äußern während des Krankheitsverlaufs. 
Wenn von Verschlechterung Ihrer Sprache die Rede ist, dann sprechen wir von der Veränderung in den Muskelfunktionen, die Sie daran hindern die richtigen Töne zu produzieren. Eines der ersten Symptome bei ALS ist, dass Sie anfangen zu murmeln und Schwierigkeiten erfahren bei spezifischen Tönen oder Wörtern. In anderen Fällen merken Sie vielleicht eine Veränderung in Ihrer Sprache auf, weil Probleme in dem Atemsystem dafür sorgen, dass Sie das benötigte Volumen nicht mehr produzieren. Oder Sie spüren, dass es viel mehr Mühe kostet zu sprechen und dass Sie davon sehr ermüden.

Wenn Sie beim Logopäden sind, dann ist es sein erstes Ziel, das Beste aus Ihren verbalen Möglichkeiten herauszubekommen. Nachher müssen andere Methoden gesucht werden um die Kommunikation aufrechtzuerhalten.

Viele Pfleger und auch andere denken oft, dass das eine oder andere Hilfsmittel die heruntergekommene Sprache völlig ersetzen kann. Aber verbale Kommunikation ist noch immer die meist effiziente Art der Kommunikation. Man findet nie ein Hilfsmittel, dass die Sprache so gut ersetzen kann. Deswegen startet der Logopäde manchmal ein Programm zur Bewusstmachung und kontrolliert ob es Muskel gibt die nicht befallen sind und die Funktion der befallenen Muskeln übernehmen können. Wichtig dabei ist, dass Sie möglichst wenig Staub und Zigarettenrauch ausgesetzt werden. Wenn zu Hause jemand staubsaugt, dann kann das die Stimmbänder oder den Kehlkopf irritieren und so die Qualität der Stimme beeinträchtigen.

Auch Strategien um die Umgebung anzupassen, werden empfohlen, weil es dann nicht nötig ist eine große Stimmlautstärke zu produzieren. Man soll auch auf eine gute Haltung achten. Erstens um die Atmung, die das Sprechen unterstützt, so leicht wie möglich zu machen. Und wenn dann die Person, mit der Sie sprechen, gegenüber Ihnen sitzt, dann kann er Ihren Gesichtsausdruck sehen und kann er aus der Lippenform etwas ableiten.

Komfort

Der Pfleger soll sich auch darum kümmern, dass bestimmte ‚Komfortprobleme‘ die Sprachprobleme nicht noch verschlimmern. Diese Probleme sollten also zuerst gelöst werden. Manchmal muss man die Umgebung ein bisschen anpassen. Das sind oft sehr einfache Sachen, wie das Reduzieren von Hintergrundgeräuschen, z.B. Fernseher oder Radio leiser stellen. Das ist sehr wichtig wenn Sie eher murmeln als sprechen.

Der Logopäde trainiert die Pfleger um an Ihren Sprachschwierigkeiten entgegenzukommen. Er versucht, Ihnen auch beizubringen, dass Sie statt eines Wortes zu wiederholen was sowieso schwierig ist, auf eine andere Weise zu sagen oder zu umschreiben. Wichtig ist, dass die Nachricht ankommt.

Auch mit der Kontrolle der Sekrete können wir Ihnen helfen. Manche einfache Gewohnheiten, so wie schlucken bevor Sie zu sprechen anfangen, oder etwas trinken, können auch sehr gut helfen.

Auch Ermüdung ist ein wichtiges Problem. Wenn Sie für längere Zeit geredet haben, ermüden sich Ihre Kiefermuskeln oder strapazieren Sie sich vielleicht durch Ihre Körperhaltung. Es ist also wichtig, dafür zu sorgen, dass die Gespräche nicht zu lange dauern oder, dass Sie längere Gespräche führen wenn Sie sich am besten fühlen.

Wenn Sie unkontrolliert zu lachen oder zu weinen anfangen und es Ihnen schwer fällt damit aufzuhören, empfehlen wir Ihnen dies mit Ihrem Arzt zu besprechen. Dies kann tatkräftig die Kommunikation erschweren.

Kommunikationshilfsmittel können eingesetzt werden, wenn Sie meinen dass Ihre Sprache nicht länger mehr für eine gute Kommunikation ausreicht. Es kann anfangen mit Problemen beim Telefonieren, beim Sprechen am Ende des Tages, beim Überbringen des Berichtes wenn Sie zu müde sind … Es gibt immer eine maßgeschneiderte Lösung, bei der Sie sich wohl fühlen und die sich bei Ihren Möglichkeiten anschließt. Manchmal reichen ein Kugelschreiber und Papier schon aus. Es kann auch eine Tafel sein, die Sie nachher wieder abwischen, denn Kugelschreiber und Papier halten fest was Sie besprochen haben. Manchmal empfehlen wir Kommunikationsschilder, oder Tafeln mit festen Nachrichten. Nachrichten die im Voraus registriert wurden, elektronische Hilfsmittel (z.B. Lightwriter) gehören auch zu dieser Kategorie, so wie Schilder, die mit den Augen steuern können.

Die Art des Hilfsmittels die vom Logopäden empfohlen wird, hängt von sehr vielen Elementen ab, die man mit Ihnen und Ihrer Familie erwägt. Man kann mit etwas Einfachem anfangen und dann graduell weitergehen mit anderen Sachen, wenn Sie sich dabei wohler fühlen. Wenn die Hilfsmittel eher technisch sind, sollen Sie sich davon bewusst sein, dass sie immer genügend Unterstützung im Haus bieten.

Wenn ein Problem auftaucht, versucht die ALS-Liga immer ein Ersatzmittel zur Verfügung zu stellen bis das Problem gelöst wird. Denn manche Hilfsmittel benötigen eine gewisse Zeit zur Reparatur. Manchmal kann eine ganz einfache Alphabettafel schon sehr hilfreich sein.

Schluckbeschwerden

Schluckbeschwerden sind auf Muskeländerungen zurückzuführen, die das Bewegen von Zunge oder Lippen erschweren. Der Patient hat verminderte Muskelspannung in den Kiefern. Sie werden steif und das weiche Gaumen lässt sich nicht mehr auf die richtige Weise bewegen. Das führt zu Schwierigkeiten beim Essen und Trinken. Es wird schwierig das Essen zu kauen, es im Mund zu bewegen und es über die Zunge nach hinten zu bewegen, um es schließlich in die Kehle zu drücken. Probleme können auch auftauchen, wenn der Patient das Essen nach hinten in die Kehle bringt oder wenn er am Schluckmoment das Essen nicht in die Speiseröhre bringen kann.

Wenn das Schlucken schwieriger wird, kann es viel Zeit und Anstrengung in Anspruch nehmen. Ermüdung ist dann die Folge. Es kann dann sehr lange dauern, bis die für den Energiebedarf notwendigen Lebensmittel verzehrt sind. In diesem Fall entsteht ein Risiko auf Unterernährung und Austrocknung. Es kann dann notwendig sein, das Einsetzen einer Nahrungskanüle zu erwägen. Das ist aber eine äußerst persönliche Wahl. Der Logopäde ist dazu beauftragt, den Patienten und seine Familie darüber umfassend zu informieren, damit sie eine wohl überlegte Wahl treffen können. Der Logopäde spielt hier eine unterstützende Rolle.

Es gibt noch weitere Methoden zur Lösung von Schluckbeschwerden. Eine der Untersuchungsmethoden, mit denen man anfängt, ist die Haltung des Patienten während er isst. Wie hält er den Kopf, den Rücken, die Schultern? Der Logopäde hat die Aufgabe den Patienten eine sichere Haltung beizubringen. So trinkt oder isst der Patient, während er in einer rechten Winkel sitzt und er den Kopf in einer gestreckten Position hält. Inzwischen bleibt der Mund in derselben Position. Auch die Tassen können verändert werden. Wenn der Patient noch saugen kann, können Trinkhalme benützt werden. Wenn es ihm nicht mehr gelingt, etwas aufzusaugen, dann kann eine leicht bedrückbare Flasche benützt werden, damit die Nahrung oder das Trinken über den hinteren Teil der Zunge fließen kann, wenn es nicht mehr geht um viel zu bewegen. Auch ein Kaffeelöffel ist nützlich, damit die Menge der zu schluckenden Nahrung kleiner wird. Auch die Dicke der Nahrung sowie des Trinkens kann modifiziert werden. Leichte Methoden können manchmal einen großen Unterschied machen.

Noch andere leichte Methoden, die bei Schluckbeschwerden helfen können, ist beispielsweise die Tatsache, dass der Patient sich darauf konzentriert, bei jedem Bissen ein zweites Mal zu schlucken. Wenn es ihm noch gut gelingt, die Lippen zu schließen, könnte es nützen, das Kinn etwas nach hinten zu bringen. Das führt zu einer kleinen Öffnung in der Hinterseite des Mundes und damit zu einer Erhöhung der Muskelspannung. Auf diese Weise ist der Patient in der Lage das Essen oder das Trinken besser zu schlucken und wird die Kehle schließlich wieder freigemacht. Auch ist es empfehlenswert, der starke Trieb nach Trinken zu beherrschen, damit kleine Schlucke statt unaufhörliches Trinken ausreichen.

Verschiedene Methoden sollten ausprobiert werden, damit diejenige Methode gefunden wird, die dem Patienten am besten helfen kann. Vielleicht muss das Essen zerkleinert werden und muss ein wenig Flüssigkeit hinzugefügt werden. Vielleicht müssen Getränke gewählt werden, wie Obstsäfte, die von Natur schon etwas dicker sind, wie Aprikosennektar, damit die Muskeln über mehr Zeit verfügen und damit besser in der Lage sind, einen guten Schluckreflex aufzubauen und das Getränk ohne Risiko auf Verschlucken vorbeigehen zu lassen.

Den Sozialarbeitern und Familienmitgliedern werden möglichst viele Informationen zur Nahrungsveränderung und zum Eindicken von Getränken erteilt. Die Logopädie kann auch zur Beherrschung vom Speichelfluss beitragen, damit keine dicke, schleimige Substanz aufgebaut wird, die das Verzehren von Nahrung erschwert. Umgekehrt trägt die Logopädie auch dazu bei, dass der Mund nicht zu trocken wird, was das Bewegen von Nahrung im Mund erschwert. Es ist auch notwendig, dass der Logopäde gut in Kenntnis gesetzt wird, damit er dem Patienten beispielsweise bei der Reinigung der Kehle helfen kann, im Falle, dass der Patient im Kampf mit geklemmtem Essen oder Trinken stets husten muss.

Der Logopäde arbeitet auch immer mit dem ärztlichen Stab zusammen. Jeder wird mitbeteiligt, wenn die orale Nahrungsaufnahme durch eine alternative Speiseröhre modifiziert wird.

Die Beherrschung von Sekreten

Bei der Beherrschung von verschiedenen Sekreten wird auch oft um Hilfe gebeten.

Speichel im Mund und „mucus“ oder Schleim in der Kehle sind sehr stresserregende Symptome. Schwierig ist v.a. die Tatsache, dass der Patient ständig husten muss. Viele ALS-Patienten produzieren zu viel Speichel, was zu einer Speichelüberfüllung im Mund führt. Die Probleme tauchen vor allem auf, wenn der Patient beim Sprechen spucken oder geifern muss, oder wenn er das Gefühl hat, dass der Speichel immer über den hinteren Teil der Zunge fließt und durch den Pharynx gesammelt wird.

Der gegenteilige Fall kommt auch vor: ein zu trockener Mund, Sekrete, die nicht fein zu machen sind und Nachtprobleme, die den Patienten aufwecken.

Es gibt aber Lösungen, die diese Symptome erträglicher machen. Es kommt darauf an, mit diesen Symptomen umzugehen. Doch manche Patienten haben auch Probleme mit der Zungenreibung, weil ihre Kiefergelenke zu schwach geworden sind und sie dann durch den Mund atmen müssen und so eine dauerhafte Luftstrom über die Zunge fließt. Die Zunge reibt dann auch über andere Mundteile, die eine Funktion beim Essen und Trinken haben. Nahrungsaufnahme wird dann noch schwieriger. Außerdem kann auch eine Anhäufung von trockenen Sekreten es den Patienten schwierig machen. Dies kann sehr unbequem und unwohl sein, weil der Patient nachts immer aufwacht, Schwierigkeiten beim Essen und Trinken hat, oder durch einen trockenen Mund oder Spucken gestört wird.

Daher müssen Strategien betrachtet werden, die diese Symptome beherrschen können.

Diejenige Übungen, die Logopäden empfehlen, sind Atmungs- und Entspannungsübungen. Der Patient kann es sich aneignen vor dem Reden immer zu schlucken oder ein gefülltes Glas neben das Telefon oder auf den Tisch zu stellen, wenn eine überflüssige Speichelabsonderung das Problem ist. Wichtig aber ist, dass in dieser Situation der Patient sich nicht nach vorn lehnt und gut gerade sitzt, damit der Speichelüberfluss von selbst nach dem hinteren Teil des Mundes fließt und so das Schlucken erleichtert wird.

Auch der assistierte Husten ist ein wichtiges Hilfsmittel, um die Kehle sauber zu machen. Andere natürliche anwendbare Methoden sind Saft von dunklen Trauben, Papau-Extrakte, zermahlenes Eis oder Dampfeinatmung. All diese Methoden führen zu einer stärkeren Schmierung und zum Abbrechen dickerer Sekrete, damit es leichter wird, die Sekrete nach dem hinteren Teil der Kehle zu bringen und sie dann schließlich hinterzuschlucken oder auszuspucken. Dampfeinatmung in einer Dusche, mit einem Inhalationsapparat oder Zerstäuber, ist auch sehr nützlich zum Abbrechen von Sekreten.

Schließlich gibt es auch strikt ärztliche Hilfsmittel, die bei der Beherrschung von Sekreten nützlich sein können. Wenn die vorangehenden Methoden nicht helfen, ist es empfehlenswert hierüber mit dem Arzt zu sprechen, denn es gibt tatsächlich noch mehrere Optionen.

Hydratation

ALS-Patienten mit Schluckbeschwerden werden oft von einem trockenen Mund oder von schwereren Sekreten gestört, weil das Schlucken länger dauert. Wegen dem Risiko auf Dehydration müssen Lösungen gefunden werden, um genügend Flüssigkeit zu verabreichen. Der Patient muss nicht notwendigerweise mehr trinken. Er kann nämlich auch Pudding essen, Flüssigkeit in Mahlzeiten aufnehmen, dickere Suppe essen oder noch andere Methoden verwenden, damit genügend Flüssigkeit zur Bekämpfung von Dehydration aufgenommen wird.

Weil das Klima hier eher trocken ist, hilft es sicher, überall im eigenen Haus mit Wasser gefüllte Schüsselchen zu verbreiten, die dazu beitragen, die Luft zu Hause genügend feucht zu machen.

Nachts kann der Patient übrigens ein bisschen Öl von Traubenkernen um den Mund herum verstreichen, um das trockene Gefühl zu bekämpfen. Gels mit hohem Feuchtigkeitsgehalt und Speichelsubstitute sind auch erhältlich. Es ist eine gute Verbesserung, wenn der Patient normalerweise fünf bis sechs Mal pro Nacht durch einen trockenen Mund aufwacht und nach Einnahme einiger Tropfen nur ein paar Mal aufwacht.

Zum Schluss möchten wir nochmals betonen, dass alles mit Überlegung und Respekt der persönlichen Wünsche des Patienten und dessen Familie geschieht. Das Ziel der ALS Liga ist die Verschaffung richtiger Informationen. Wir sind eine Informationsquelle und die Logopädie ist dazu gemeint, Ihnen zu helfen, damit Sie eine wohl überlegene Wahl zwischen den verschiedenen Optionen treffen, die Ihre Situation verbessern.

Diese Dienste werden auch regelmäßig mit Ihnen in Verbindung stehen, damit die ausgefertigten Lösungen stets Ihren geänderten Bedürfnissen angeglichen werden. Außerdem sind die Dienste auch dazu gemeint, Ihnen, Ihre Familie und den beteiligten Sozialarbeitern die notwendige emotionelle Unterstützung zu gewähren.

Share